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Überdosis Marihuana: Mythos oder Realität?

Durch: Contributor Kultur

Wer Marihuana konsumiert hat eventuell schon einmal unerwünschte Nebenwirkungen dieser Pflanze zu spüren bekommen, die zu einem unangenehmen Erlebnis geführt haben. Wem dies schon einmal passiert ist, fragt sich natürlich, ob man auch zu viel Cannabis konsumieren und daran sterben könnte. In diesem Artikel versuchen wir der Wahrheit auf den Grund zu gehen, um zu erfahren, ob eine tödliche Überdosis Marihuana ein Mythos oder die traurige Wahrheit ist.

Überdosis wird definiert als eine so große Dosis einer Substanz, Droge oder Medikament, dass die Einnahme zu einer Vergiftung und dem Tod führen kann. Laut dem letzten Bericht des EMCDDA (European Monitoring Center for Drug and Drug Addiction) starben 2020 schätzungsweise 5.800 Personen in Europa an Drogenmissbrauch.

Die meisten Todesfälle gehen auf Rechnung einer Überdosis von Opiaten wie Heroin, aber auch von verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Oxicodon und Tramadol. Der Konsum von Stimulanzien wie Cocain und Amphetaminen haben bei den Todesfällen der letzten Jahre ihrerseits ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt.

Die genauen Zahlen unterscheiden sich von Land zu Land, allerdings gibt es Parallelen zu den Vereinigten Staaten, wo die synthetischen Opiate die wichtigste Ursache für eine Überdosis sind und zu 82,3 % der Todesfälle durch Überdosis führen. Diese Daten weisen darauf hin, dass in einem Land, wo Marihuana in zahlreichen Bundesstaaten legal ist und von einem großen Anteil der Bevölkerung (nahezu 20 %) häufig konsumiert wird, Cannabis keine bedeutende Rolle spielt und schon gar nicht in der jährlichen Überdosisstatistik.

Aber gibt es eine Überdosis Marihuana?

Die Experten sagen dazu, dass eine Überdosis durch Cannabiskonsum äußerst unwahrscheinlich ist, weil die für eine tödliche Überdosis erforderlichen Mengen kolossal wären. Bereits 1973 wurde in einer Studie die tödliche Überdosis von THC, dem psychoaktiven Cannabinoid in Marihuana, mit einem Wert von zwischen 225 und 3.600 mg/kg Körpergewicht ermittelt. Laut diesen im Tiermodell erfassten Daten müsste man einen Joint in der Größe eines Strommasts rauchen (über 12 kg Marihuana), damit der Konsum bei einer Person mit einem Körpergewicht von 60 kg tödliche Folgen hat. Dieser Wert wurde in späteren Studien noch höher angesetzt.

Bei diesen astronomischen Mengen wird klar, dass eine Überdosis Marihuana gelinde gesagt ungewöhnlich wäre. Das heißt nicht, dass Cannabis nicht ein gewisse toxische Wirkung hätte oder dass man nicht zu viel konsumieren könnte, denn Marihuana kann eine negative Wirkung an den Tag legen, die sich mit steigender konsumierter Menge verstärkt. Hierzu zählen ein Defizit in der Koordination, Angstzustände und Verfolgungswahn.

Die meisten Personen, die eine Überdosis Cannabis konsumieren, laufen keine Gefahr aufgrund toxischer Veränderungen ihrer Körperfunktionen zu sterben. Wer übermäßige Mengen konsumiert, kann jedoch schwerwiegende und potentiell gefährliche Einschränkungen des körperlichen und mentalen Wohlseins erfahren.

Warum es bei Opiaten tödliche Überdosierungen gibt und bei Cannabis nicht

Marihuana kann aufgrund der schmerzstillenden Wirkung aus medizinischen Gründen ebenso wie Opiate verabreicht werden, um Schmerzen zu lindern. Zum besseren Verständnis, warum es bei Marihuana keine Überdosis gibt, muss man zunächst verstehen, welche Folgen eine Überdosis von Opiaten hat.

Bei Opiaten tritt eine Überdosis ein, wenn eine Person eine übermäßige Stimulation ohne gegensätzliche Mechanismen erhält d. h. entgegenwirkende Reize von der Opiatbahn im Gehirn. Dies kann zu einer Verlangsamung der Atmung bis hin zum Tod führen.

Dies geschieht, weil Opiate mit den Rezeptoren in dem Bereich des Hirns interagieren, der die Atmung kontrolliert und deren Stimulierung kann zu einer Lockerung ihrer Funktionen führen. Zahlreiche Studien bestätigen, dass Cannabis sich nicht auf die Atmung auswirkt, weil die Cannabinoide wie THC oder CBD nicht mit den Rezeptoren in den auf diese Funktion spezialisierten Hirnarealen interagieren. Marihuana bewirkt über andere Zellsignalwege eine Schmerzlinderung, ohne diesen Bereich zu beeinträchtigen.

Es gibt jedoch Studien, die bei Ratten sehr wohl Cannabinoid-Rezeptoren in Hirnarealen, die für die Kontrolle der Atmung verantwortlich sind, gefunden haben. Diese Untersuchung eröffnet eine zweite Möglichkeit, die besagt, dass die Cannabinoide von Marihuana zwar in diesen Hirnarealen interagieren, dies jedoch nicht so stark tun wie Opiate.

Diesbezüglich ist noch viel Forschungsarbeit erforderlich, aber Cannabis hat sich zur Schmerzbehandlung als eine sicherere Substanz erwiesen als Opiate. Aus diesem Grund gibt es Studien, die sich mit Cannabinoiden als komplementäre Schmerzbehandlung befassen, um die Opiatdosis zu reduzieren und so das Risiko einer Überdosierung bei den Patienten zu verringern.

Überdosis Marihuana bei Kindern

Trotz allem sind diesbezüglich noch viele Fragen offen. Eine davon ist die Frage, die durch einige Fälle von Marihuana-Überdosis bei Kindern in den USA aufgeworfen wird. 2011 wurde ein Fall von einem 14 Monate alten Kind veröffentlicht, das nach versehentlichem Verschlucken von Haschisch zwei Tage im Koma lag. Der THC-Pegel im Blut des Patienten war sehr hoch, aber das Kind konnte sich glücklicherweise erholen, als der Wert wieder sank. 

Auch wenn derartige Fälle äußerst selten sind, können sie bei den Kleinsten auftreten. Deshalb müssen wir vorsichtig sein und, wenn wir zu Hause Marihuana haben, darauf achten, es außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren.

Überdosisrisiko durch essbare Marihuanaprodukte

Bei essbaren Marihuanaprodukten ist besondere Vorsicht geboten, da Kinder und Haustiere diese Produkte ungewollt verschlucken können. Seit essbare Marihuanaprodukte in den USA legalisiert wurden, ist dies eine der häufigsten Ursachen für eine Cannabisüberdosis bei Kindern.

Aber essbare Marihuanaprodukte können auch für die eigentlichen Konsumenten ein Risiko darstellen, da das Risiko einer Vergiftung größer ist. Dies liegt daran, dass die psychoaktive Wirkung beim Rauchen oder Vapen von Marihuana bereits nach wenigen Minuten zu spüren sind, während die Wirkung von essbarem Marihuana mitunter 30 Minuten bis 2 Stunden auf sich warten lassen kann.

In dieser Zeitspanne kann der Konsument zusätzlich eine übermäßige Dosis zu sich nehmen, wenn er glaubt, dass er anfänglich nicht genug gegessen hat. Die Wirkung macht sich erst dann bemerkbar, wenn es zu spät ist, so dass Schwindelgefühl, Übelkeit, Herzrasen und Verfolgungswahn eintreten können.

Außerdem wirkt THC stärker, wenn es über die Leber verstoffwechselt wird. Das liegt daran, dass THC durch das Verdauen zu 11-hidroxi-THC (11-OH-THC) wird. Dieses Stoffwechselprodukt ist sehr aktiv und durchdringt sehr einfach die Blut-Hirn-Schranke, die den Blutkreislauf vom Hirngewebe abschirmt, was die intensive psychaktive Wirkung erklärt.

Diese Form von THC ist wesentlich wirkungsvoller und gelangt sehr schnell in das Gehirn, was scheinbar zu einer intensiveren und dauerhafteren Wirkung führt als bei der Aufnahme durch Inhalation. Durch Essen von Cannabis kann sich 10 mal mehr 11-hidroxi-THC bilden als durch jegliche andere Aufnahmearten wie Rauchen. Alles zusammen macht es beim Essen von Marihuana sehr schwer, die Dosis zu kontrollieren, so dass man leicht zu viel isst.

So ist also klar, dass man es bei den Portionen essbarer Marihuanaprodukte nicht übertreiben sollte, wenn man nur die positive Seite dieser Pflanze genießen möchte. Außerdem müssen die Produkte gut aufbewahrt werden und auch der Cannabinoidgehalt sollte immer unter Kontrolle sein. Laut Paracelsus „macht die Menge das Gift“ und keine Substanz ist völlig harmlos, wenn sie in großen Mengen zu sich genommen wird. Übrigens kann man an einer geringeren Menge zu viel getrunkenem Wasser sterben, als dies bei Marihuana der Fall wäre.

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