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An investigator with a cannabis bud

Die Verbreitung des latenten Hopfenviroids, die große unterschwelige Bedrohung für Cannabis

Durch: Contributor Anbau

Der Cannabisanbau ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden und eine davon ist die Gefahr durch Krankheitserreger wie das latente Hopfenviroid, ein winziger Parasit auf Molekularebene, der hochansteckend ist und für enorme wirtschaftliche Schäden verantwortlich zu machen ist, da er zu einer Minderung von Ertrag und Qualität der angebauten Pflanzen führt. Im Folgenden gehen wir weiter auf die komplexen Vorgänge, seine Übertragungswege und Bekämpfungsstrategien ein, um die dadurch verursachten Schäden zu minimieren.

Das latente Hopfenviroid (HLVd oder HpLVd nach der Abkürzung der englischen Anfangsbuchstaben) ist ein kleines infektiöses RNA-Molekül, das Hopfenpflanzen befällt (Humulus lupulus). Diese eng mit Cannabis verwandte Pflanze (beide gehören zu der Familie der Cannabinaceae) wird in erster LInie für die Produktion von Bier angebaut. Das Viroid gehört zu der Familie der Avsunviroidae ist ein Krankheitserreger, der aus nur einem RNA-Molekül ohne Proteinhülle besteht.

Viroide sind winzige Krankheitserreger, die lediglich aus Erbmaterial bestehen. Im Gegensatz zu einem Virus, dessen Genom durch eine Proteinhülle geschützt ist, bestehen Viroide lediglich aus RNA. Aus diesem Grund geht man davon aus, dass sie instabil sind und außerhalb der Wirtszelle nicht lange infektiös sein können. Diese RNA enthält ebenso wie die DNA alle erforderlichen Informationen, damit sich ein Viroid innerhalb der Wirtszelle replizieren kann. Daher hängen sie für ihre Verbreitung vollständig von der Wirtszelle ab, was wiederum dazu führt, dass es keine für die Gesundheit des Menschen bekannte Wirkung hat.

Das HLVd wurde erstmalig in den 70er Jahren identifiziert und wurde seitdem weltweit in Hopfen produzierenden Regionen gefunden. Es ist nicht genau bekannt, wann das HLVd  auf Cannabispflanzen übergegangen ist, aber höchstwahrscheinlich ist es eine Folge von Versuchen, beide Pflanzen zu kreuzen. Wenn man jedoch die Prävalenz des latenten Hopfenviroids betrachtet, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich dieser Krankheitserreger bereits seit geraumer Zeit in Cannabispflanzen vermehrt.

Es kann die Pflanzen ohne jegliche wahrnehmbaren Symptome infizieren und zu einer latenten Infektion führen. Unter bestimmten Bedingungen wie Stress oder bei einer Koinfektion mit anderen Krankheitserregern kann sich das Viroid aktivieren und zu einer Entwicklung von Krankheiten wie beispielsweise Wachstumsstockungen, verringertem Ertrag, schlechter Blütequalität, Entfärbung der Blätter und Verkümmern oder schnellem Absterben der Pflanzen führen.

Two cannabis plants
Die infizierte Cannabispflanze (links) ist kürzer, die Blätter sind kleiner und der Raum zwischen den Knoten ist im Vergleich zu der gesunden Pflanze (rechts) enger.

Auswirkung auf den Cannabisanbau

2017 haben mehrere Produzenten aus Kalifornien über Wachstumsstockungen auf mehreren Plantagen von Cannabis sativa berichtet. Es wurden jedoch noch weitere charakteristische Symptome beobachtet, die Rückschluss darüber zuließen, woran sie litten. Schließlich belegten die späteren wissenschaftlichen Analysen, dass sie mit HLVd infiziert waren.

Derzeit geht man davon aus, dass etwa 73 % der Cannabisplantagen weltweit von diesem Viroid befallen sind. Erstaunlicherweise wurde berichtet, dass in Regionen wie Kalifornien bis zu 90 % der Kulturen HLVd-positiv sind. Das ist eine beängstigende Statistik für einen Branche, die sich noch in Entwicklung befindet.

Aus finanzieller Sicht führt eine solche Prävalenz zu ca. jährlich 4.000 Millionen US-Dollar Verlusten durch die Ertragsminderung der Plantagen sowie die Kosten für Diagnose, Bekämpfung und Ausmerzung. Diese Verluste werden zudem durch die Auswirkung des Viroids auf die Cannabisblüte verschärft, da es zu einer erheblichen Minderung des Gehalts an Cannabinoiden von 30 % bis 50 % führen kann. Dies kann den Handelswert der Produktion erheblich weiter schmälern.

Welche Symptome hat das latente Hopfenviroid?

Die HLVd -Symptome können je nach Entwicklungsphase der Pflanzen zum Infenktionzeitpunkt stark variieren:

  • Verbreitungsphase: Die Länge der Wurzeln von Stecklingen von mit HLVd infizierten Mutterpflanzen verringert sich erheblich. Die schlechte Verwurzelung macht die Pflanzen empfindlicher gegenüber Krankheitserregern, die die Wurzeln angreifen, wie etwa Fusarium und Pythium.
  • Wachstumsphase:  Pflanzen, die sich während dieser Phase infizieren, weisen häufig ein verkümmertes Wachstum auf mit brüchigen Ästen, kleineren und schmaleren, entfärbten oder verformten Blättern, einen kürzeren Abstand zwischen den Knoten und sogar einen Kompost ähnelnden Geruch.
  • Blütephase: Die Anzeichen der Infektion fallen meist deutlicher aus und die Pflanzen wirken kleiner als gesunde Pflanzen. Außerdem können die Blätter nahe der Blütenknospen unerwartet gelblich gefärbt sein. Aber sie machen nicht nur kleinere Blüten sondern auch die Trichome wirken wie ein Luftballon, dem die Luft abgelassen wurde, anstelle der normalen runden Form.
HLVd symptons
HLVd-Symptome (Bilder von Dark Heart Nursery)

Wie wird das latente Hopfenviroid übertragen?

Die Übertragung des HLVd kann bei Cannabis über verschiedene Wege stattfinden. Wenn die Pflanze erst einmal infiziert ist, kann es sich über alle ihre Teile ausbreiten und dabei verschiedene Gewebe und Organe befallen:

  • Übertragung durch infizierte Stecklinge. Das ist der wahrscheinlichste Übertragungsweg. Verschiedene Untersuchungen haben ergeben, dass wenn von einer infizierten Mutterpflanze ein Steckling gemacht wird, die Wurzelentwicklung dieser Stecklinge mit einer Inzidenz von 100 % ebenfalls von dem latenten Hopfenviroid befallen sind. Daraus lässt sich schließen, dass sich die Wurzeln ausgezeichnet zur Diagnose des HLVd eignen.
  • Übertragung durch infizierte Samen. Der zweithäufigste Übertragungsweg sind die geernteten Samen infizierter Pflanzen. Die Wahrscheinlichkeit kann je nach Infektionsgrad der Elternpflanzen von 5 % bis 35 % variieren. Selbst wenn der Pollen sauber und nur die Mutterpflanze infiziert ist, tragen viele Samen, und zwar in einigen Fällen zwischen 30 % und 40 %, ebenfalls das Viroid in ihrem Inneren oder auf der Schale.
  • Mechanische Übertragung Der dritte wahrscheinliche Verbreitungsweg verläuft über infizierten Pflanzensaft, der an kontaminierten Schneidwerkzeugen zum Beschneiden, Entblättern oder Stecklinge schneiden haftet. Die Verbreitung des Viroids verläuft über den geschnittenen Zweig (eine offene Wunde) bis zu den Wurzeln und dann verbreitet es sich ausgehend von den Wurzeln über die gesamte Pflanze. Die maximale Infektionsrate beträgt etwa 25 % für alle Schnitte, Rückschnitte oder beschädigte Oberflächen, die dem HLVd  Eintritt gewähren.
  • Übertragung über das Wasser Auch wenn es (noch) keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass das HLVd  schlichtweg durch Kontakt von Blatt zu Blatt übertragbar ist, stellt der direkte Kontakt von Wurzeln und Düngung über die Bewässerung, bei der Wasser oder Nährstofflösung erneut in Umlauf gebracht werden, eine vierte Verbreitungsmöglichkeit dar. In Studien konnte aufgezeigt werden, dass sich das Viroid besonders in den Wurzeln der Pflanzen ansammelt und bei Durchströmung mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 20 % in das Wasser übergehen kann.
  • Übertragung durch Insekten und andere Vektoren Und schließlich weiß man, dass zahlreiche Viroide über Insekten als Vektoren übertragen werden. Allerdings ist noch nicht bekannt, ob Insekten bei der direkten Übertragung des HLVd  eine Rolle spielen. Außerdem geben aktuelle Erkenntnisse Hinweise, dass gewisse krankheitserregende Pilze einschließlich Fusarium bei der Übertragung von Viroiden eine Rolle spielen.

Ist das latente Hopfenviroid eine systemische Erkrankung?

Das HLVd bewegt sich im gesamten System der Pflanze über das Phloem (das leitende Gewebe, das für den Nährstofftransport zuständig ist) innerhalb eines Zeitraums von ca. 6 Wochen: Es tritt an der Infektionsstelle in das Phloem ein, von wo aus es bis zu den Wurzeln der Pflanze und von dort in die gesamte Pflanze transportiert wird. Durch Experimente konnte Folgendes belegt werden:

  • 2 Wochen nach Inokulation lässt sich das HLVd in den Wurzeln nachweisen.
  • 4 Wochen nach Inokulation lässt sich das HLVd  in jungen Blättern nachweisen.
  • 6 Wochen nach Inokulation lässt sich das HLVd  in der gesamten Pflanze nachweisen.

Das heißt, dass einige Pflanzenteile bei einer Analyse nach weniger als 6 Wochen nach der Infektion einen positiven HLVd-Test ergeben, während andere Pflanzenteile noch negativ sind. Daher ist es so wichtig, nach Erkennung der Infektion mehrere Pflanzenteile zu analysieren.

Trichomes of an infected cannabis plant
Die Trichome einer infizierten Cannabispflanze (rechts) sehen im Vergleich zu einer gesunden Pflanze (links) weniger prall und saftig aus.

Wie wird man das latente Hopfenviroid wieder los?

Das nimmt viel Zeit in Anspruch, daher besteht die beste Methode zur Beseitigung dieses Viroids darin, zu testen und die infizierten Pflanzen zu beseitigen. Zur Produktion von Klonen ohne das Viroid kann auch die Meristemkultur verwendet werden. Dabei handelt es sich jedoch um einen langwierigen und arbeitsaufwändigen Vorgang.

Wie bei den meisten anderen pflanzlichen Krankheitserregern auch, ist die Vorbeugung der richtige Weg, wenn Du dieses „schleichende Siechtum“ vermeiden möchtest. Das heißt aber, dass ein vielseitiger Ansatz gewählt werden muss:

  • Sterilisierung: Besonders wichtig ist das regelmäßige Sterilisieren der Gerätschaften und zwar insbesondere derjenigen, die für den Rückschnitt oder zum Stutzen verwendet werden, da das HLVd bis zu ´5 Tage auf Nitrilhandschuhen und auf Gerätschaften von 8 Tagen bis 4 Wochen übertragbar bleiben kann. Zum Reinigen von Handschuhen und Werkzeugen kann die Verwendung einer 10%igen Laugenlösung das Übertragungsrisiko erheblich reduzieren (Hitze und Alkohol eliminieren das Viroid nicht effizient).
  • Quarantäne: Neue Pflanzen und Stecklinge sollten über einen gewissen Zeitraum abgesondert und genau überwacht werden, um zu vermeiden, das HLVd in eine Cannabisplantage einzuschleppen.
  • Tests und Nachverfolgung: Das latente Hopfenviroid lässt sich nicht ausschließlich über die Symptome diagnostizieren. Nur mit Diagnosetests wie dem PCR (Polymerasekettenreaktion) lässt sich eindeutig feststellen, ob eine Pflanze infiziert ist. Dieser Test wird normalerweise als der genauste betrachtet und trägt zu einer Früherkennung bei.
  • Genetische Optimierung: Auch wenn es derzeit noch keine HLVd -resistenten Cannabis-Sorten gibt, könnten sich zukünftige Forschungsprojekte damit befassen und versuchen Sorten zu züchten, die gegen das Viroid immun sind. Dies ist im Hopfenanbau der Fall, wo das HLVd zwar stark verbreitet ist, aber keine signifikanten wirtschaftlichen Schäden anrichtet.
  • Persönliche Schutzmaßnahmen: Zum Manipulieren der Pflanzen sollte man Schutzkleidung und Handschuhe tragen. Da das HLVd  auf der menschlichen Haut etwa drei Stunden und auf Materialien wie Baumwolle und Leder sogar über 24 Stunden replizierbar bleiben kann, ist eine strikte Einhaltung von Hygienenormen besonders wichtig.

Das latente Hopfenviroid stellt eine starke Bedrohung für die Cannabisbranche dar und führt zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. Zur Vorbeugung gegen das Viroid ist ein proaktiver Ansatz wichtig, um Schäden zu minimieren. Regelmäßige Tests, angemessene Desinfektionsprotokolle und die Einhaltung von Programmen zur Vorbeugung von Pathogenen kann dazu beitragen, die Gesundheit und Vitalität von Cannabisplantagen angesichts dieser weltweiten Pandemie, die bereits als ‚Marihuana-COVID‘ bezeichnet wurde, zu gewährleisten.

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